Samstag, 15. Februar 2020

Die Zeit davor...

von Helga



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....ja vor was? Der Angriff auf Dresden am 13.2.1945 hat es uns allen wieder vor Augen geführt. Nahezu jede Großstadt, vornehmlich solche mit großen Fabriken wo Rüstung gefertigt wurde waren im Blickwinkel. Später dann wurde alles und jeder im Bombenhagel erstickt, nur auf dem flachen Land war man noch sicherer. Auch Nürnberg meine Heimatstadt wurde am 2. Januar 1945 böse heimgesucht. Es war eine 8 Grad eiskalte Nacht und Vollmond. Die ersten Christbäume gehen nieder. Die Leuchtmunition weist den Piloten den Weg. Um 19.20 fallen die ersten Bomben und Nürnberg brennt. Es folgten noch viele weitere dieser Angriffe. 

 
Aus diesem Grunde gestattete man meiner Mama für mich als damals 5 jährige einen Dauerplatz im Bunker. Keine Fenster, keine frische Luft, nur Beton, kaum Ablenkung. Ich wurde krank bekam Fieber und kein Arzt zur Stelle. Unter welchen Umständen dann meine Mama einen rumänischen Arzt aufgetrieben hat, blieb mir bis heute verborgen. Ich kann sie ja nicht mehr fragen. Diagnose Scharlach, Cnopfsche Kinderklinik, weg von Mama und Bruder. Die Stadt galt aber als nicht sicher und so kam ich mit einem Krankentransport nach Neuendettelsau bei Ansbach. Bilder dazu gibt es keine, Rollfilme wurden ja nicht produziert, so mußte der Apparat in der Schublade verweilen.

 
So und nun ? Wie komme ich zu meinem Kinde? Bombenhagel, kein Zug unterwegs, kein SUV vorhanden, nur ein altes Fahrrad, mit mangelhafter Bereifung. Auch die war nicht zu haben. Mit einem alten kaputten Stück, abgeschnitten aus einem noch kaputteren Mantel (man warf damals überhaupt nichts weg) mit Draht um die schadhafte Stelle festgewickelt, hoppelte man dann etwa 40km auf der Landstraße und über Feldwege, dem Kinde entgegen. Oftmals waren die Sirenen zu Gange und Mama und Bruder suchten Schutz im Straßengraben. Dann sprang die Kette heraus, man drehte das Vehikel um und mit ölig verschmierten Händen, gings weiter. Sie mußten dringend weiter, denn der Heimweg war ja genau so lange und sie mußten wohl kräftig in die Pedale treten, so ganz ohne Schaltung. Ziel erreicht, die Schwester führte Mama und Bruder bis zur Zimmertüre und dort durften sie einen Blick hineinwerfen. Eintreten und Kontakt aufnehmen war verboten. Ich saß in meinem Bettchen und hatte noch einen dicken Schal um den Unterkiefer gebunden, denn ich hatte auch noch die Mumps dazu bekommen. Erinnern tue ich mich noch daran als ich Mama und Bruder dort stehen sah, daß ich meine kleinen Arme ausstreckte und jammerte......heim, heim, ich will heim. Das tat allen Beteiligten in der Seele weh und flugs war der Spuk vom Krankenbesuch auch schon wieder vorbei. Ende März, Anfang April, ich weiß es nicht mehr so genau, holte mich Mama dann wieder im Cnopfschen Kinderspital, unten an der Pegnitz mit dem Fahrrad ab.

 
Am vorderen Kindersitz und zwei Eisenraster für meine Füße, fuhren wir die Reutersbrunnenstraße an der Pegnitz entlang und es war Frühling geworden. Das Kriegsende stand bevor und die Luft roch nach Blüten, Vögel und Bienen summten und pfiffen um die Wette. Diesen Eindruck habe ich mitgenommen bis heute, er kehrt alle Jahre zu diesem Frühlingserwachen wieder in mich zurück.

Kinder! Hereinspaziert in Helgas Puppenzimmer. Die Dora steht im Puppenschrank, der Kaspar lacht sich dabei krank! Der Kreisel dreht sich um ganz toll, der Maxl bellt ihn mächtig voll. Der Waubib (Bär) brummt - wuh-wuh-wuh-wuh und schaut der Sache lustig zu. Gruß und Kußi vom Papa
 
Ich komme nun wieder heim zu Dora meiner Schildkrötpuppe, die ich schmerzlich vermißt habe, aber es hielt mich trotz der großen Liebe zu ihr nicht davon ab, ihr die blauen Augen immer wieder einzudrücken. Zu gerne ging ich mit Mama in die Stadt aus Schutt und Asche um sie zum Puppendoktor zu bringen. Ziel dabei das Schaufenster vom Doktor mit den kranken Pübschen mit gebrochenem Bein und nur einem Arm. Da stand ich nun mit Tränen in den Augen und freute mich anschließend mit Mama in den Mautkeller gehen zu dürfen um was Anständiges zu essen.

Liebes Helgele!
Diesmal hat der Papa ein Puppenhaus gemalt, schau Die die Sachen alle richtig an, ich glaube es fehlt nichts daran. Vorn im kleinen Zimmer, da schläft das kleine Helgelein! Gute Nacht. Gruß und Kußi vom Papa
 
Genau in diesem Jahr kam ich dann in die Schule und ich habe keine Bilder davon.  Meine Schultüte war von Mama aus Zeitungspapier zusammengepappelt mit angerührtem Mehlpapp, der Inhalt ein paar Bonbons, Brausepulver und Wrigleys Kaugummi aus Amibeständen von der PX. Von meinem Bruder ein Blechringlein für meinen Finger. Das wars und so war es. Leider ja, eine gestohlene Kindheit, nicht wiederbringlich und doch hat man überlebt und muß dafür dankbar sein, daß man mit dem Fortschritt der Zeit ein Alter erreicht hat,  das schon vorn eine 8 stehen hat. Trotz allem wir müßen Dran bleiben, umsichtig sein, schnell kann sich das Blatt auch wieder wenden. Denn so kann es auch nicht weitergehen, höher...schneller....weiter! Zufrieden sein mit dem was man geschaffen hat. Heute einmal ein ganz anderer Post, er ließ sich aber nicht anders machen.


Mit Grüßen von der Helga
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