von Helga
Liebe Gucklochspäher, es ist allerhöchste Zeit mal wieder durchzuschauen, denn
das Jahr rückt unaufhaltsam vorwärts und schon bald naht wieder sein Ende. Die
dunklere Jahreszeit ist so bestimmt dafür innezuhalten um zurückzublicken. Was
war einmal, was bewegt mich in meinen Gedanken oder Träumen noch.
Das
Hochzeitsfoto meiner Eltern von 1927 ist erste Wahl und steht an meinem Bett.
Gewohnt hatten sie noch bis 1932 bei den Eltern meiner Mutter. 1931 kam mein
Bruder Gustav als 11 1/2 Pfünder und als Hausgeburt zur Welt. Der herbeigerufene
Arzt schwitzte dabei Blut und meine Mutter war am Ende mit ihren Kräften.
Einziges Hilfsmittel damals eine Dämmerschlafspritze. (Was auch immer das war?)
So erzählte es meine Mutter immer!
Die neugegründete kleine Familie brauchte
ab jetzt eine neue Bleibe und so erwarb mein Vater ein 400 qm Grundstück auf das
die Stadt Nürnberg ein Holznotwohnhaus ohne Keller auf 50 Jahre,
genehmigte.
So sah zu dieser Zeit ein Gebäudeplan aus:
So sah zu dieser Zeit ein Gebäudeplan aus:
Die Entscheidung fiel dann kurzfristig durch den Herrn der der Bevölkerung
Arbeit verschaffte. Eine kurze Sommerfrische 1938 in Thüringen in dem Städtchen
Krahwinkel passierte dann "Das", daß am 1. Mai 1939 auch noch dazu am Tag der
Arbeit ein Mädele, eine Helga, ein kleines Helgele geboren wurde.
Leider währte die gemeinsame Zeit nur kurz, denn bereits 1940 wurde die Familie getrennt und
mein Vater nach Frankreich in den Krieg geschickt. Zuvor hatte man versucht
das Holzhäuschen zu verkleiden um es von außen her schöner zu machen. Erst
Heraklithplatten, dann verputzen und weiß streichen und schon war es
aufgehübscht.
Hier Klein-Helgele mit Telefon im Winter 1941 und die neue
Fassade. 1942 am 9. Mai in Rußland, war der Traum meiner Mutter von ihrer
eigenen kleinen Familie ausgeträumt. Die Todesnachricht kam und fragte nicht
nach Gefühlen, Bombennächten, Bunker, Ängste ums Überleben und um das kleine
Häuschen.
Wenn die Bunkertüre wieder geöffnet wurde, galt der erste Blick dem Häuschen.
Steht es noch? Mama, ja ich sehe noch den Schlot, es steht noch. An diese Worte
erinnere ich mich als damals fünfjährige noch genau. Viele dieser Momente
erlebten wir damals oft hintereinander. Das Glück war uns hold, wir wurden nicht
ausgebombt und wir hatten ein wärmendes Dach über unserer kleinen Familie. Einen
größeren Schaden hatte es nicht erleiden müßen, einzig die Bodentüre lag einmal,
ausgehebelt durch den Luftdruck, auf der Treppe. Alles hatte die frischgebackene Kriegerwitwe zu verkraften und zu
bewältigen.
Nach Regen kommt auch wieder Sonnenschein und für die Helga mit ihren 19
Jahren ein weinroter Ford 12 m ins Gespräch, damals 1958 ein unglaublicher
Glücksmoment, dieses Auto besitzen zu dürfen und fahren zu können.
Weißwandreifen, Lenkradschaltung mit Hupring, damals ein Highlight. Meine Mama
hatte es mir ermöglicht. Für ihren absoluten Wunsch eine Tochter mit Auto und
Führerschein zu haben zahlte sie auch einen hohen Preis. Dafür hatte sie als
Kauffrau bei Grundig noch das Löten gelernt und wieder dazuverdient.
Mit einem Schulbild von 1952 als 13-jährige verabschiede ich mich und schließe das Gucklöchle für heute. Bis demnächst mal wieder!
"Gell, net vergessen, Du hast mir einen Lutscher versprochen!"
Herzliche Grüße
Eure Helga