Guten Morgen zum Samstagsplausch. Wie schön dass Ihr wieder dabei seid. Soderle, jetzt habe ich mich erstmal gestärkt mit Kaffee aus meiner Bärentassen, einem guten Bauernbrot mit Fleischsalat und ein paar Lesezeilen eines wirklich schönen, unaufgeregten Buches. Regula aus *Babajezas Wundertüte* hat mir verraten was das gutes in einer Seele bewirken kann. Ich danke sehr dafür.
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Buch selbst gekauft :Wintersonne
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Nun muss ich aber trotzdem mal hinaus in meinen lawinengefährdeten Garten und nach dem Rechten sehen.
Vorkenntnisse zum Schneeschippen bringe ich nämlich schon seit 1941 mit.
Man beachte die besonders chice Gamaschenhose und die Gockelfrisur :-)))
Ja, Frisuren ! Nun ist auch das Rätsel um die Terminvergabe gelöst, denn :"Größtes Glücksgefühl mit 12 Buchstaben?
Das Haar wird dann wieder glänzen und in Form gebracht werden.
Wer braucht schon Frisuren, wir sind auch so schön, auf die inneren Werte kommt es an.
Sind das aber denn auch wirkliche Baustellen die wir hier zu bewältigen haben angesichts dieses Briefes den meine Mutter 1942 an ihren Mann und unseren Papa nach Russland geschrieben hat. Da kann man echt Gänsehaut bekommen. Das sind schon arge Sorgen gewesen!
Auszug aus dem Brief meiner Mutter an meinen Vater vom 28.4.1942 nach Russland:
...Du fragst wegen Verpflegung etc. zuhause und meinst 6o Pfennig für Spinat sind Anfangspreise, dazwischen zahlte ich schon mal 83 nun der niedrigste Preis 45 Pfennig pro Pfund so wirds wohl bleiben, ist nichts zu machen, das Geld muss eben in Umlauf kommen. Schokolade kennen wir hier schon lange nicht mehr, Bonbons oder so ganz gewöhnliche Cremepralinen gibts einmal monatlich auf Haushaltskarte so circa 2/5tel für 3 Personen Kekse, Lebkuchen etc. kann man auf Weissbrotmarken, so man welche übrig hat, frei kaufen, doch auch damit ists zu Ende, denn diese Marken braucht man fürs Mehl, um von 1 Pfund am Sonntag wenigstens einen einfachen Kuchen ohne Ei mit einem Löffel Fett backen zu können, denn anderes Mehl wird uns nicht mehr zugwiesen, doch ich bekomme ein 1/2 Pfund wenn ich auf 50 g Fleischmarken im Monat verzichte, dass zu tun, wird uns auch nichts anderers übrig bleiben. Es ist eben alles knapp und muss man ordentlich einteilen und wirtschaften damit alles langt. Es stehen überall, wo es was ohne oder auch mit Marken, wie Fisch 1/2 Pfund im Monat oder Gemüse gibt, wieder Schlangen an und wenn man was haben will muss man eben auch laufen. Wir waren nämlich von 1/2 1 uhr bis 1/2 4 Uhr also volle 3 Stunden im Bunker. Es waren Störflüge in Süddeutschland. Als wir zum Bunker gingen brummte schon ein Flieger und im Süden leuchtete ein Scheinwerfer vorher gabs einen Knall, dann war alles ruhig und während der ganzen Zeit hat sich nichts mehr gerührt. Nun werden wir wohl öfter wandern müssen und sind doch froh, wenn es so abgeht. Von mir lieber Papa soll ich Dir auch etwas Liebes schreiben. Ich schreibe Dir über alle wichtigen Vorfälle, erzähle von den Kindern usw. von mir selbst gibt es da herzlich wenig zu berichten, Du weißt ja lieber Papa, man hat so seine kleinen auch mal größere Sorgen, mit denen man eben fertig werden muss, dann manchen Tag an dem man mal den Kopf anlehnen möchte, an einem Herz, an dem man sich geborgen fühlt um alles zu vergessen, das Leid und die Sehnsucht, die uns alle gleichermaßen erfüllt, doch auch diese Stunden gehen vorüber, und der Alltag nimmt wieder Besitz von uns. Seit Tagen drückt mich eine schwere Sorge, mit der ich alleine fertig werden wollte, doch einmal muss ich doch heraus damit, vielleicht ist mir dann etwas leichter, so höre lieber Papa, ich hatte großes Pech, meine das heißt Deine Brieftasche mit ihrem ganzen Inhalt ist weg, verloren kaum, eher gestohlen, 30 Mark in bar unsere Kleiderkarten, die Kennkarte, ein Bezugsschein und ganz zu unterst Teile eines Briefes von Dir mit Schilderung des Pariser Besuches. Ich habe alles in Bewegung gesetzt, doch bisher erfolglos, obwohl jeder Finder die volle Adresse vorfindet. Am Mittwoch aßen wir bei Reiner in der Wirtschaft nochmal Schleien, da hatte ich die Mappe mal außen, am Donnerstag nach dem Lebensmitteleinkauf vermisste ich dann die Tasche, also zwei Möglichkeiten des Verlustes. Ich war die letzten Tage wie geschlagen daher konnte ich Dir lieber Papa auch nicht gleich das Bild vom Brief Nummer 8 bestätigen. Das Geld könnte ich schließlich noch eher verschmerzen doch die Kleiderkarten sind unersätzlich und habe ich sicher viel Scherereien bis ich etwas davon ersetzt bekomme. Ich brauche sie ja hauptsächlich für die Kinder, auf meine würde ich gern verzichten. Dann die schöne Brieftasche, ach ich könnte mich ohrfeigen bis zur Bewußtlosigkeit. Da soll ich was liebes schreiben und es ist gerade das Gegenteil von dem. Nun belaste ich Dich damit auch noch doch zu den Eltern will ich nichts sagen sie regen sich dann auch auf und helfen können sie mir ja auch nicht. Gestern war ich dann nochmal bei Reiner nachfragen da lief mir Helga davon und war nicht mehr zu sehen. Ich sah sie schon im Kanal liegen da war ich am Ende meiner Kraft und Beherrschung und bin zusammengebrochen. Wo war dann Helga ? Schnurstracks und im Galopp ist sie nach Hause gelaufen gewesen zu Gustav der sie dann brachte, nicht einmal aushauen konnte ich sie. Siehst Du lieber Papa das waren schwarze Tage für mich. Nun bin ich schon etwas darüber hinweg und muss mich mit dem Verlust abfinden, so schwer das auch geht. Schimpfst Du mich jetzt aus, wenn Du diese Nachricht hast, tus nicht, ich bin ja schon gestraft genug und erst wieder davon wenn sich etwas ereignet, vielleicht schlägt dem neuen Besitzer doch das Gewissen und er gibt die Sachen ab. Euere Kompanie ist zur Zeit im Einsatz und an Urlaub nicht zu denken, dann dauert es diesmal noch länger als 1941 bis wir uns wieder sehen, wenn nicht eine Änderung in der anderen Sache kommt. Ja, wenn lieber Papa, dieses Wörtchen hat so große Bedeutung. Und nun lieber Georg /Papa schließe ich meinen heutigen Brief mit den angenehmen und Schattensseiten mit den herzlichsten Wünschen für Dich und einem Dankeschön und Kuß von Helga und Gustav für den netten Bilderbief. Das Sprüchlein kann sie schon auswendig und muss ich immer wieder vorlesen. Mit vielen Grüßen und abertausend von Küssen von Deiner Mama und Kindern
Liebe Samstagsgrüße
Euere Helga
♥♥♥
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