von Helga
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Wenn man alte Bäume sieht, entschlüpft einem oft der Satz: Was die wohl alles
erzählen könnten. Ich hätte da so eine alte Dame, die Kolorado-Tanne, die ich selbst in meinem Elternhaus pflanzte und
die mich seit 1959 bis zum heutigen Tag begleitet.
Meine alte Dame ist eine Abies concolor Pinaceae (Kieferngewächs) Sie kommt ursprünglich aus einem Verbreitungsgebiet im westlichen Nordamerika,
besiedelt die Höhenlagen der Rocky Mountains und bildet dort große
zusammenhängende Wälder. Bietet guten Schutz für Vögel vor Feinden und ist ein
Nahrungsspender. Sie ist absolut frosthart und hält Extremtemperaturen bis -
minus 39 Grad aus. Geschlechtsreif wird sie erst im Alter von 30 bis 40
Jahren. Männliche rote Blütenzapfen finden sich in den Blattachseln, weibliche
stehen im oberen Drittel aufrecht und gelbgrün. Auffällig sind die 5-7,5 cm
langen, beidseitig blau-grünen Nadeln die kammartig vom Ast abstehen und nach
8-10 Jahren abfallen. Es sind die längsten aller Tannenarten und riechen
zerrieben nach Zitrone. Was gibt es noch zu sagen. Aufgrund der eher
schlechten Holzqualität, besteht nur geringe Nutzholztauglichkeit. Meist nur zur
Kistenherstellung oder als Konstruktionselement für kleine Häuser. Sonst oft
als Ziergehölz oder in Plantagen gezüchtet, als Weihnachtsbäume genutzt. Das
Harz aus der jungen Borke wird zur Herstellung von Kanadabalsam benützt.
Meine Freunde sind die Bäume und zwar schon so lange ich denken kann. Auf meinem Schulweg am alten
Ludwig-Donau-Main Kanal standen sie in Reih und Glied. Rotfleischige süße Birnen
🍐köstlich und in der Reifezeit mußte Mama stets etwas länger auf meine Rückkehr
von der Schule warten. Erst wurde nämlich geerntet. Schnell mußte man sein. Die
Bäume hoch und Kinder waren viele unterwegs. In Ermangelung von Spielkameraden
mußte ich mich schon frühzeitig vor Sprachlosigkeit schützen.
So wurden Bäume🌲,
Sträucher und unsere Hühner 🐓mit Namen versehen. Die Luise eine weiße Leghorn Henne und
Dora die Süßkirsche in deren unbequeme Astgabel ich mich mit Magda Trotts Pucki
zum Lesen zwängte, solange bis mir die Backe weh tat.
Hier ein Foto von Papa
unter der blühenden Kirsche, ich glaube vage kann man sogar die Astgabel,
zumindest erahnen. Es war einmal....so
gehen sie an die Märchen....
Ein Papa der alten Garde mit Vorsätzen, wie ein
Mann muß ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Hund haben. Hatte er
geschaffen, ein Haus gerade nicht, aber ein Häuschen mit Garten, den
Sohn Gustav und das etwas rustikale, nicht ganz heilige Helgele, (wie
die Womens eben so
konzipiert sind) und einen Rauhaardackel namens
Maxl.
Man beachte das Foto dazu, schon der musikalische Hinterkopf, die Kraft und keine Ängstlichkeit das Mariechen zu halten und das aufgeschürfte in der Heilphase befindliche Knie, zeigt bereits, dass ich dem Leben einmal einiges abtrutzen könnte.
In seinen Garten pflanzte er einen Klarapfel🍏, einen Birnbaum🍐, einen
Kirschenbaum🍒, einen Winterapfel🍎, eine Renecloude und einen Zwetschgenbaum. In
den Rabatten davor, Beerchen, Stachel- und Johannisbeeren, am Boden kriechend,
kleine Walderdbeeren🍓, die ganz besonders aromatisch schmeckten.
Sicher waren
diese kleinen Genüßlichkeiten vor dem Helgele aber nicht, denn stets hungrig
auch durstig und gerne Obst essend dazu, wurden von ihr auch die noch unreifen
Stachelbeeren verzehrt. Wenn der saure Winterapfel zu Boden fiel, mußte auch der
trotz seiner Sauerkeit daran glauben.
So frühzeitig mit mal ganzen drei
Jahren war ich schon an einen Garten gewöhnt und der Stolz von Papa. Aber da kam
ja der böse Herr H. dazwischen und riß die Papas aus den Familien. Soweit so
gut, die Vorgeschichte.
Als ich 1959 zwanzigjährig und durch den Kriegstod von Papa 1942 zur Halbwaise wurde, legte Mama ihre ganze Hoffnung auf mich, das Helgele,
inzwischen gereift und nicht mehr ganz so rustikal. Ich machte den Führerschein und Mama schaffte es uns den
dazugehörigen Ford Taunus zu ermöglichen, mit dem sie voller Stolz mit mir
herumfuhr.
Dann kam der Baum,
Sommer 1959 frischgepflanzter Baum |
Sommer 1965, Bäumchen 6 Jahre. Kerstinle war da 1 1/2 Jahre. |
Zusammen mit meinem Bruder Gustav und dort wo einst der Klarapfel stand, haben wir ihm damals vor 60 Jahren ein Zuhause gegeben.
Inzwischen ist er ja
ausgewachsen und die Jahre dahingegangen und nun steht er 25 Jahre nach dem Tod
von Mama 1994, windschief und halbtot immer noch an Ort und Stelle.
Im Häuschen
selbst ist nichts verändert, Mamas Nudelholz liegt immer noch auf dem
Küchentisch.
Aber das ist eine ganz ganz andere Angelegenheit,
Erbgeschichten können die unmöglichsten Blüten treiben. Wenn ich auf der
Straße vorbeifahre, sehe ich immer hoch oben die gebeugte, kahle Spitze von
meinem Freund dem Baum aus dem Jahr 1959.
Dieser Beitrag hier ist kein freudiger, aber wenn wir um alle Bäume wüßten was sie uns erzählen könnten, bin
ich mir sicher, es würde nicht anders sein. Nächstes Mal erzähl ich Euch dann
von meinem eigenen Häuschen, meinem Garten und meinen Bäumen, denn ich wollte
schon immer einen eigenen Wald. Ob es mir gelungen ist, demnächst dann hier
mehr.
Khalil Gibran |
Bis bald
Euere Helga
verlinkt mit: *Samstagsplausch*, *ZiB*, *Mein Freund der Baum*,